Architektur

Das neue Stadthaus am zentral gelegenen Kornmarktplatz in Bregenz soll einen eigenständigen Beitrag zum kulturellen und öffentlichen Leben der Stadt am Bodensee leisten. Der fünfgeschossige Neubau beherbergt ein kleines Hotel, einen Veranstaltungsraum für kulturelle Anlässe sowie eine Privatwohnung. Die historische Fassade bleibt erhalten, so dass sich das Gebäude im bestehenden Kontext der Stadt nahtlos einfügt.
 © Herzog & de Meuron
Skizze von Jacques Herzog

Dietmar Steiner

„ich würd mich echt freuen, wenn dieses kleinod wirklichkeit wird. good luck
Aus einer E-Mail von Dietmar Steiner über das anfangs sehr vage Projekt am Kornmarktplatz.

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Dietmar Steiner war bis 2016 Direktor des AZW (Architekturzentrum Wien) – er galt als versierter Kenner, Kritiker und Liebhaber der österreichischen, sowie internationalen Architektur.
Im Mai 2020 ist Dietmar Steiner leider verstorben. Unsere Freundschaft mit Dietmar und seine zahlreichen Freunde in der Architektur, brachten uns gemeinsam auf die Idee, nach Basel zu fahren und Jacques Herzog und Pierre de Meuron für dieses Projekt zu gewinnen.

Vielen sind die eindrücklichen Bauten des Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron bekannt. Die Elbphilharmonie in Hamburg, die Tate Modern in London oder die Allianz Arena in München. Jetzt steht auch das Projekt „kleiner Löwe“ am Kornmarkt auf ihrer Werkliste. Begonnen hat es nur als Traum, Dietmar Steiner hat den Bogen zur Wirklichkeit gespannt. Von Anfang an hat Dietmar an das Projekt geglaubt, ohne seine Unterstützung gäbe es dieses Haus nicht. Dafür sind wir sehr dankbar.

Außenarchitektur

Die Vorder- und Rückseite der 8 Meter breiten und knapp 23 Meter tiefen Parzelle sind jeweils sehr unterschiedlich geprägt: Nach Norden zum Platz hin sehr öffentlich, ist die Situation nach Süden zum Innenhof hingegen eher privat.

Der historische Kornmarktplatz ist gesellschaftliches und kulturelles Zentrum der Stadt zwischen dem Bodensee und dem Hausberg Pfänder. So befinden sich dort unter anderem das Kunsthaus Bregenz und das Vorarlberg Museum, das Vorarlberger Landestheater sowie Geschäfte des täglichen Bedarfs, Cafés und Restaurants. Der Kornmarktplatz war ursprünglich ein überregional bedeutsamer Umschlagpunkt für den Kornhandel. Fortlaufend einem ständigen Wandel unterworfen, war er für lange Zeit zentraler Verkehrsknoten der Stadt. 2013 wurde er verkehrsberuhigt und wird seitdem wieder in seiner ursprünglichen Funktion als Marktplatz genutzt.

Der heutige neobarocke Zustand der Außenfassade geht auf die Nutzung als Bank Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Nach einem Brand des Dachstuhls stand das Gebäude jahrelang leer, folglich hat die Gebäudesubstanz stark gelitten und liess sich nicht mehr erhalten.

Zwei Brandmauern schliessen das Gebäude entlang der Längsseiten zu den Nachbarbauten ab. Die beiden Längswände werden über ein tonnenförmiges Dach verbunden. Brandwände und Dachrundung sind einheitlich verkleidet und bilden eine weisse Metallhaut, die farblich auf die in hellem Lichtblau mit weissen Verzierungen gehaltene Bestandsfassade abgestimmt ist. Grosszügige Verglasungen geben den Blick frei zum See und über die Dächer zum Bergrücken des Pfänders. Entsprechend orientieren sich die Wohnräume und auch die Hotelzimmer zu den beiden Schmalseiten des Baus. In der Gebäudemitte liegt die vertikale Erschliessung sowie eine Dachterrasse, die über einen Dachausschnitt Tageslicht ins Gebäudeinnere bringt.
Der multifunktional nutzbare Salon im Erdgeschoss erstreckt sich über die ganze Haustiefe, kann aber durch eine bewegliche Trennwand in zwei separat nutzbare Räume geteilt werden.

Innenarchitektur

Im Innenraum zieht sich die aus der Bestandsfassade abgeleitete Sprache weiter. Vom Kornmarktplatz aus betritt man das Haus über das Entrée, in dem sich das Lichtblau der Platzfassade wiederfindet, ergänzt durch feingliedrige weisse Wandleisten und Geländerstäbe.

Von dort führt eine Treppe in das Mezzanin und die oberen Geschosse. Ebenerdig gelangt man in den Salon, der sich über die gesamte Tiefe des Hauses erstreckt und als Lobby, Frühstücksraum des Hotels und Veranstaltungsfläche für kulturelle Anlässe dient. Nach Bedarf lässt sich der Salon durch eine mittige Trennung in verschieden grosse Räume unterteilen. Auch im geöffneten Zustand ergibt sich durch das eingehängte Mezzanin eine Raumfolge von drei verschiedenen Räumen: Platzraum mit voller Höhe, niedriger Bereich unter dem Mezzanin und hohes Gartenzimmer. Die Wände sind holzgetäfert und stoffbespannt, im hinteren Gartenzimmer ist die gesamte Fassade verglast und öffnet den Raum zum Garten im Innenhof.

Über ein Mezzanin, in welchem die Haupterschliessung von der Südwest- auf die Nordostseite wechselt und man durch ein «Ochsenauge» in den Salon blicken kann, erreicht man die Hotelgeschosse. Das Lichtblau des Eingangsbereichs geht in einen warmen Grauton über, der die öffentliche Erschliessung begleitet. Auf den zwei Hoteletagen gibt es jeweils vier Zimmer, zwei zum Platz und zwei zum Gartenhof, die symmetrisch aus dem mittigen Entrechambre erschlossen sind.
Alle Zimmer sind ähnlich in der Anlage: Eingangsbereich mit Badezimmer, das über eine Viertelrundung den Blick in den Hauptraum öffnet.

Zwei nebeneinanderliegende Zimmer sind jeweils durch eine hölzerne Schrankwand geteilt. Darin sind die Garderobe, Ablagefächer sowie die den Gästen zur Verfügung stehenden Geräte untergebracht. Bei Bedarf ist diese fast komplett schliessbar. Teilweise können je zwei benachbarte Zimmer über eine Verbindungstüre zu einer Suite kombiniert werden.

Die Platzzimmer sind in hellen Blautönen gehalten, die Zimmer zum Garten nehmen das Grün des Gartens im Innenhof auf. Die platzseitigen Zimmer sind von der Bestandsfassade geprägt. Im 1. OG sind die bestehenden Öffnungen dem historischen Vorbild entsprechend mit Kastenfenstern ausgestattet, der Zwischenraum ist durch die Tiefe der Fassade als Bank nutzbar. In den leicht kleineren Zimmern im 2. OG ist die neue Fassade zurückgesetzt. Eine Loggia-artiger, geschützter Aussenraumöffnet sich zwischen den beiden Fassaden und gibt den Blick auf den Platz frei. Zum Hof hin sind die Zimmer vollflächig zum Garten verglast, ein schlanker Balkon zieht sich entlang der Fassade und erweitert sich zu einer viertelkreisförmigen Loggia vor den südwestlichen Zimmern. Die Zimmer sind je nach Grösse und Ausrichtung unterschiedlich ausgestattet und erhalten durch ihre Farbgebung sowie die unterschiedliche Ausrichtung einen jeweils eigenen Charakter.

Herzog & de Meuron

Herzog & de Meuron ist ein internationales Architekturbüro mit Sitz in Basel, Schweiz.

Pierre de Meuron und Jacques Herzog © Herzog & de Meuron
Pierre de Meuron und Jacques Herzog

Das Büro wurde 1978 gegründet und wird von den beiden Gründern zusammen mit den Partnern und dem CEO geleitet. Heute engagiert sich ein internationales Team von über 550 Mitarbeitern an einer Vielzahl von Projekten in Europa, Amerika und Asien.

Das Hauptbüro in Basel arbeitet mit Studios in Berlin und München, Paris, London, Hongkong, New York und San Francisco, sowie mit unseren Büros in Kopenhagen, Jerusalem und Hangzhou zusammen.

Bregenz

Bregenz bietet neben spektakulärer Natur auch eine Fülle an Kunst- und Kultureinrichtungen – Bregenz ist eine kleine Stadt, kulturell aber ganz groß.

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kleiner Löwe, Kornmarktplatz 5, 6900 Bregenz
T +43 6767315095, hallo@kleinerloewe.at